BUCH DER FREUNDE XXXIII

Der Mensch kann jeden Augenblick durch das Wort über seine Struktur und über seine Vergangenheit hinausgelangen. Das Tier ist, da es das Wort nicht hat, in sich gefangen. Der Mensch wird andauernd durch das Wort, das Tier bleibt andauernd Tier. Das Tier ist auch in der Welt gefangen: „Dem stummen Tier ist die Welt ein Eindruck.“ (Jean Paul)
Die Gestik des Menschen, seine Ausdrucksbewegungen, sind anders als beim Tier. Beim Tier sind sie Ersatz für das fehlende Wort – beim Menschen sind sie das Gegenteil des Ersatzes, sie sind Überfluss des Wortes, allzugefülltes Wort, das in den Körpern überfließt und den Körper teilnehmen lässt am Wort und am Geist.
Max Picard, Der Mensch und das Wort, 1955.

 

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