BUCH DER FREUNDE XLVII

Das Leben des Menschen ist schnell vorüber wie der Schein eines weissen Rosses, der durch eine Spalte fällt; im Augenblick ist es vergangen. Schäumend und wild treten sie alle ins Leben ein; sachte und glatt gehen sie alle wieder hinaus. Sie machen eine Verwandlung durch und werden geboren; eine weitere Verwandlung, und sie sterben. Die lebenden Geschöpfe empfinden darüber Trauer, die Geschlechter der Menschen führen darüber Klage, und doch lösen sich nur die Schranken der Natur und fallen ab die Hüllen der Natur. Verwirrt und geblendet fährt die Seele dahin und der Leib zerfällt. Das ist die grosse Heimkehr. Dass das Sichtbare aus dem Unsichtbaren kommt und wieder zurückkehrt zum Unsichtbaren: ist das etwas, das alle Menschen wissen? Aber es macht dem, der im Begriff ist, das Ziel zu erreichen, keine Sorgen. Es hat keinen Wert, deutlich sehen zu wollen; darum ist besser als Beweisen das Schweigen. Den SINN  kann man nicht vernehmen. Darum ist besser als Horchen die Ohren zu schliessen. Das ist das grosse Erreichen.
Zhuangzi, Das wahre Buch vom Südlichen Blütenland, XXII, 4, ~300 v. Chr.

 

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